Cluno, Vive la Car und Volvo – Jetzt kommt das Netflix-Modell fürs Auto - WELT (2024)

Auf das eigene Auto zu verzichten, kommt für viele Deutsche nicht infrage. Neben Leasing oder Carsharing kommt jetzt aber eine weitere Option: das Abo. Das Erfolgsmodell für Fitness, Musik und Filme birgt für Verbraucher großes Sparpotential.

Anzeige

Die Krise treibt Nico Polettis Geschäft an – seit die Corona-Pandemie die Welt in ihrem Bann hält, gewinnt das Münchner Unternehmen Cluno an Fahrt. Die vergangenen Monate seien die stärksten seit der Gründung im Jahr 2017 gewesen, sagt Poletti, Mitbegründer und Chef von Cluno. Das Unternehmen bietet sogenannte Autoabos, Verträge für Fahrzeuge mit allem Drum und Dran zu einem monatlichen Pauschalpreis. Inzwischen hat das Unternehmen mehrere Tausend Kunden und Fahrzeuge in der Flotte, sei aber noch nicht ganz fünfstellig, sagt Poletti. „Derzeit gewinnen wir teilweise an einem Tag so viele neue Kunden hinzu wie vor zwei Jahren in einem Monat, das waren damals im Schnitt im rund 30.“

Lesen Sie auch

  • Cluno, Vive la Car und Volvo – Jetzt kommt das Netflix-Modell fürs Auto - WELT (1)

    „Rabattwelle ist gestartet“

    Noch nie war der Einstieg in die Elektro-Ära so günstig

Der Anbieter profitiert von einem Trend. Denn das Bedürfnis nach Flexibilität wächst – auch durch die Pandemie. Die Kunden dieses Geschäftsmodells wollen zwar ein eigenes Fahrzeug steuern, das aber möglichst mit kurzfristigen Vertragslaufzeiten, mit hoher Preistransparenz und geringen Fixkosten. Autoabos schließen die Lücke zwischen Mietwagen und Leasingfahrzeugen oder auch zu kreditfinanzierten oder komplett bezahlten eigenen Autos. „Die Menschen kennen Abomodelle bereits aus anderen Lebensbereichen, wie zum Beispiel das Streamen von Filmen und Musik oder auch die Angebote im Fitnessbereich“, sagt Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. „Dieser Trend ist nicht aufzuhalten und wird sich auch im Automobilgeschäft durchsetzen.“

Auch für Händler ist das Konzept interessant

Neben Cluno in München zählt Vive la Car in Stuttgart am deutschen Markt zu den Hauptakteuren bei der Vermittlung von Autoabos. Mit dabei sind unter anderem auch Volkswagen, Volvo und der Autovermieter Sixt. Mit Blick auf den gesamten deutschen Pkw-Markt ist die Anzahl von Autoabos bislang noch winzig. In den kommenden zehn Jahren aber werde die Zahl der Nutzer von Langzeitmietmodellen von derzeit rund 20.000 auf 500.000 bis eine Million steigen, prognostiziert das Center Automotive Research (CAR) in Duisburg. Den Anteil von Abos am Privatkundenmarkt schätzen die Experten bis 2030 auf rund 40 Prozent, die übrigen 60 Prozent entfallen zu gleichen Teilen auf Barkauf, Finanzierung und Leasing.

Cluno und Vive la Car verfolgen dabei zwei ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle. Cluno betreibt eine eigene Fahrzeugflotte und setzt auf eine Auslastung, die nach Angaben des Unternehmens mit teils mehr als 90 Prozent deutlich über jener bei den Beständen von Mietwagenbetreibern liegt. Mit nur rund 100 eigenen Mitarbeitern und Vertragspartnern für das Abstellen und die Wartung der Fahrzeuge hält Cluno seine Kosten gering. Das Angebot startet bei 259 Euro im Monat für einen Opel Corsa und reicht bis zu 1299 Euro für ein E-Mobil des Typs Tesla 3 Long Range.

Anzeige

Lesen Sie auch

Im Preis ist bis auf Benzin oder Strom alles enthalten, von den nötigen Versicherungen bis zur passenden Bereifung für Sommer und Winter. Bei Cluno laufen die Verträge mindestens sechs Monate, die Kündigungsfrist beträgt dann drei Monate. „Wir bieten derzeit – in Abstimmung mit den Herstellern – 110 verschiedene Modelle von 18 Automarken an“, sagt Nico Poletti. „Aktuell haben wir etwa 90 Prozent Neuwagen und zehn Prozent junge Gebrauchtfahrzeuge im Bestand. Wir wissen von unseren Kunden allerdings, dass ein Neuwagen für sie kein entscheidendes Kriterium ist.“

Lesen Sie auch

  • Cluno, Vive la Car und Volvo – Jetzt kommt das Netflix-Modell fürs Auto - WELT (3)

    Artikeltyp:AdvertorialInvestieren

    Sommergeschenk: Bis zu 20 Aktien bei Freedom24

Vive la Car wiederum, gegründet 2019, hat vor allem die Fahrzeuge von Händlern im Blick. „Bei den deutschen Händlern stehen etwa eine Million Fahrzeuge, die in dieser Zeit nur schwer verkäuflich sind und die Standkosten in den Autohäusern verursachen – Vorführwagen, frühere Mietfahrzeuge oder Autos mit Tageszulassungen“, sagt Mitbegründer Stephan Lützenkirchen. „Diese Fahrzeuge in Bewegung zu setzen birgt ein riesiges Potenzial für Autoabos und zugleich eine Chance für die Händler.“ Bislang liege die Zahl der eigenen Verträge noch im einstelligen Tausenderbereich. Vive La Car vermittelt die Abos, die Händler übernehmen dann die Übergabe, die Wartung und die Abstellung der Fahrzeuge. Von etwa 500 Standorten bei rund 270 Händlern deutschlandweit will Vive la Car sein Netz bis zum Jahresende auf etwa 400 Partnerhändler und 1000 Standorte ausbauen. Eine Mindestlaufzeit des Vertrages gibt es bei Vive la Car nicht, die Kilometerpauschalen für die Fahrzeuge können monatlich verändert werden.

Selbst Leasing-Kunden könnten profitieren

Eine wesentliche Rolle spielt bei den Autoabos der Ausbau der Elektromobilität in den kommenden Jahren. „Autoabos sind eine intelligente Antwort, um Unsicherheit und Kaufzurückhaltung der Kunden gerade auch mit Blick auf Elektrofahrzeuge zu reduzieren“, sagt CAM-Direktor Stefan Bratzel. „Den Herstellern wiederum bieten die Abos die Möglichkeit, neue Kundengruppen zu gewinnen und schnell in neuartige Mobilitätsdienstleistungen einzusteigen.“

Auch Vive la Car geht davon aus, dass sich beide Trends gegenseitig verstärken werden. „Autosabos bieten den Kunden die Möglichkeit, die für sie noch neue und fremde Technologie kennenzulernen, in die sie sonst wahrscheinlich noch nicht investieren würden“, sagt Lützenkirchen. „Um die Elektromobilität in den kommenden Jahren deutlich voranzubringen, helfen aus unserer Sicht die kürzlich erhöhten Kaufprämien nicht weiter.“ Man verzeichne eine hohe Nachfrage nach Elektroautos, bekomme aber derzeit noch zu wenige Fahrzeuge bei den Händlern. In der Schweiz und in Österreich startete Vive la Car in den vergangenen Monaten Kooperationen für Autoabos mit BMW und Hyundai – speziell auch dafür, um das eigene Angebot an Elektrofahrzeugen zu erhöhen, sagt Lützenkirchen.

Lesen Sie auch

  • Q4 Sportback e-tron

    Audis neue Elektro-Hoffnung

Im Wettbewerb zwischen den Anbietern von Autoabos, aber auch zwischen Abos und Leasingverträgen spielen etliche Faktoren eine Rolle: die Höhe der einmaligen Bearbeitungsgebühr zu Beginn und die Laufzeit der Verträge, der Zeitpunkt der Verfügbarkeit,Farbe und Ausstattung der Autos oder die Frage nach einem möglichen Fahrzeugwechsel innerhalb eines Abos. Die Leasinganbieter reagieren mittlerweile ihrerseits mit Kampfpreisen oder den Verzicht auf Anzahlungen. Ein Autoabo ist – nimmt man allein den monatlichen Betrag – insofern nicht zwingend billiger als ein Leasingvertrag. Dafür allerdings kann man das Autoabo dort mit drei Monaten Frist jederzeit kündigen – ein Leasingvertrag hingegen läuft zumeist drei Jahre lang.

Onlineoptionen statt mühsamer Verhandlungen

Flexibilität an einem insgesamt schrumpfenden Markt für Neuwagen verschaffen sich mit den Autoabos auch die Hersteller der Fahrzeuge. Sie sehen das relativ neue Geschäftsmodell als Teil einer Marketingwelt, die sich für die Branche in den kommenden Jahren voraussichtlich radikal verändern wird, etwa mit den Trends zum digitalen Vertragsabschluss und der kontaktlosen Fahrzeugübergabe.

Lesen Sie auch

  • Cluno, Vive la Car und Volvo – Jetzt kommt das Netflix-Modell fürs Auto - WELT (4)

    Elektroauto von Volvo

    Besser als Tesla? Der neue Polestar im Test

„Viele Kunden wollen eine Verkaufs- oder Verhandlungssituation beim Händler vermeiden. Beim Abomodell können die Kunden alle Vertragsbedingungen online buchen“, sagt Patrick Wendt, Geschäftsführer von Care by Volvo Germany. „Beim Volvo-Händler lassen sich die Kunden nur vor Abschluss des Autoabos, zum Beispiel hinsichtlich des passenden Modells, beraten und holen sie das Fahrzeug dann lediglich ab.“ Bei Volvo läuft das Autoabo mindestens drei Monate, der Einstiegstarif liegt bei 549 Euro im Monat für den Volvo XC40.

Die Zahl der Autoabos von Care by Volvo Germany habe 2019 bei 4,5 Prozent aller Neuzulassungen der Marke Volvo Cars gelegen, sagt Wendt – das wären bei 53.000 Neuzulassungen rund 2400 Verträge, ebenfalls noch keine große Zahl, aber auch bei Volvo Teil eines größeren Strukturwandels. „Unsere Volvo-Vertragspartner bleiben wichtige Ansprechpartner für die Kunden bei der Beratung und allen technischen Fragen sowie dem direkten Service rund um das Fahrzeug“, sagt Wendt. „Gerade hier zeigt sich aber, dass sich das Rollenbild der klassischen Händler verändert. Sie werden immer mehr zu Mobilitätszentren und Mobilitätsdienstleistern werden. Alle Fragen rund um das Abo klärt der Kunde direkt mit Care by Volvo.“

Cluno, Vive la Car und Volvo – Jetzt kommt das Netflix-Modell fürs Auto - WELT (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Aracelis Kilback

Last Updated:

Views: 6243

Rating: 4.3 / 5 (44 voted)

Reviews: 91% of readers found this page helpful

Author information

Name: Aracelis Kilback

Birthday: 1994-11-22

Address: Apt. 895 30151 Green Plain, Lake Mariela, RI 98141

Phone: +5992291857476

Job: Legal Officer

Hobby: LARPing, role-playing games, Slacklining, Reading, Inline skating, Brazilian jiu-jitsu, Dance

Introduction: My name is Aracelis Kilback, I am a nice, gentle, agreeable, joyous, attractive, combative, gifted person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.